Die Telekom und die meisten anderen Telefon-Carrier stellen zur Zeit ihre Telefonanschlüsse auf "All-IP" um. Privatkunden schon seit 2014,- ab 2016 auch Firmenkunden.

Leitungsvermittelte ISDN- und Analoganschlüsse werden zurück gebaut und durch eine reine paketvermittelte Datenverbindung ersetzt.
Die Übermittlung aller Informationsarten wie Daten, Sprache und Video wird über das Internet Protocol (IP) vereinheitlicht. Telefonie wird per "Voice-over-IP" über die Datenverbindung übertragen.

Die Umstellung spart für die Provider enorme Kosten durch nicht mehr benötigte Technik, Vermittlungsstellen, Strom, Endgeräte beim Kunden und nicht zuletzt Service. NTBA und Splitter fallen weg.
Es wird Bandbreite gewonnen, die bei einer stehenden ISDN-Verbindung permanent blockiert war.

Die Telefon-Carrier suggerieren, dass damit die Sprachqualitiät und "überhaupt alles" besser wird.
Für den Anschlußnutzer hat die Umstellung aber Vor- und Nachteile und einige Tücken.

Regionale Vermittlungsstellen werden durch zentrales virtuelles Routing ersetzt. Softwarefehler in diesen neuralgischen Knoten führten im vergangenen Jahr mehrfach zu bundesweiten Ausfällen des IP-Netzes. Fehler wirken sich jetzt nicht mehr regional aus, sondern großflächig. Die Ausfälle scheinen sich sogar zu häufen, je mehr Kunden auf das neue Netz umgestellt sind. Ausgereift ist das noch nicht.

Die Sprachqualität kann theoretisch besser werden, wenn alle Teilnehmer der Übertragungskette genügend freie Bandbreite und gute Sprach-Codecs einsetzen. In der Praxis wird die Sprachqualität häufig signifikant schlechter.
Achten Sie auf den verfügbaren Upload und entsprechende Priorisierung der Sprachsignale. Ein guter Erfahrungswert sind 150 kB/s je Anruf.

VoIP wird bisher nicht verschlüsselt und ist leicht abhörbar. Die Sicherheit des separaten Telefonnetzes mit einer Punkt-zu-Punkt-Verbindung entfällt.

Das DSL-Modem muß Annex-J beherrschen.

ISDN- und Analog- Endgeräte und ganze Telefonanlagen können an den internen Anschlüssen gängiger All-IP-Router weiter betrieben werden. Mittelfristig ist aber eine Umstellung auf IP-basierte Endgeräte sinnvoll.

Im ISDN-Netz wurde die Stomversorgung bis zum Endgerät von der Vermittlungsstelle eingespeist, notfalls mit Notstromversorgung. Bei lokalem Stromausfall funktioniert ein ISDN-Telefon oder ein Analogtelefon meist weiter.
Im All-IP-Netz muß der lokale Voip-Router eine eigene (Not)stromversorgung besitzen. Ist der ganze Straßenzug stromlos, erwischt es häufig auch den DSLAM, der keine Notstromversorgung besitzt. Ohne DSLAM hilft auch die eigene Notstromversorgung nichts,- die Verbindung ist weg.
Das gilt es besonders bei der Aufschaltung von Alarmanlagen zu beachten.

Fax T.30 ist sehr zeitkritisch und arbeitet an IP-Anschlüssen sehr unzuverlässig. Je nach Anbieter und Gegenstelle kann alles gut gehen, eventuell geht nur eine Seite durch oder auch gar nichts. Die Lösung wäre das IP-basierte Faxprotokoll T.38. Die Telekom überträgt es (Stand: 5/2016) nicht. Gängige IP-Router (Fritzbox, Lancom) können T.30 in T.38 wandeln. Nun hängt es aber immer noch von der Gegenseite und den Netzübergängen ab, ob das Ganze funktioniert.
Das Fax G4 -Protokoll fällt ersatzlos weg.

CAPI ist an SIP-Anschlüssen problematisch und wird von den meisten Geräteanbietern nicht mehr implementiert. Hier heißt es andere Löungen suchen. Die Anbieter von gängiger Fax-Software unterstützen inzwischen SIP.

Problematisch ist der Anschluß von Notrufsystemen, Kassensystemen, Kartenterminals und Alarmanlagen. Exotische Protokolle wie X.31 werden nicht mehr unterstützt. Feste Paketlaufzeiten können im IP-Netz nicht garantiert werden. Hier muß unter Umständen in modernere Geräte investiert werden.

Vorteile von VoIP:

Die getrennte Telefon-Verkabelung entfällt. VoIP-Telefone können an jeder Netzwerkdose oder per WLAN angeschlossen werden.
Es wird nicht mehr Punkt-zu-Punkt verkabelt. VoIP-Telefone haben eine eigene Adresse und können an beliebiger Stelle im LAN positioniert werden.

Theoretisch geht das auch außerhalb vom LAN. Die Telekom bietet aber die SIP-Kennung nur hinter dem eigenen All-IP Anschluß an. Andere VoIP-Anbieter lassen sich mit den persönlichen Zugangsdaten weltweit erreichen. Man kann quasi den Festnetzanschluß mit um die Welt nehmen oder auf das Handy legen.

VOIP-Verbindungen kann man auch über VPN-Verbindungen aufbauen und damit verschlüsselt telefonieren. Das hat nichts mit dem All-IP-Anschluß zu tun, aber mit VoIP. Dann hat man eine Sicherheit, die das normale Telefon nicht bietet.

Posted: 15.09.2015,     Updated: 18.02.2020


Neuer Kommentar, Anmerkung oder Hinweis

 

Geben Sie Ihren Kommentar hier ein. * Eingabe erforderlich. Sie müssen die Vorschau vor dem Absenden ansehen.





(bitte zuerst Vorschau wählen))